Alte analoge Schätze wäre im Grunde die richtige Bezeichnung! Inspiriert, diese alten Sachen hervorzuholen, hat mich ein Besuch in Wetzlar. Genau, ich habe Leica besucht! Und nach meiner Wahrnehmung, lebt Leica nahezu ausschließlich von der Historie. Da kann man jetzt geteilter Meinung sein. Aber Werbung, das ist gleichzeitig das Zeigen von Bildern, macht Leica mit alten Aufnahmen namhafter Fotografen wie Thomas Höpcker, Robert Lebeck. Weltbekannt wurde der vietnamesische Fotograf Nick Út mit der Bild der napalmverbrannten Kinder. Mit dem Bild „Tod eines spanischen Loyalisten“ wurde Robert Capa weltberühmt. Oder Alfred Eisenstaedt, der den Matrosen im Hafen fotografierte, der gerade eine junge Frau küsst. Natürlich Fotografien, die jeder kennt. Da muss man nicht Fotograf sein. Alle diese Bilder hängen in Wetzlar. Aber, und jetzt komme ich zum Punkt: In einer technischen Qualität, dass es einem graust! Zumindest bei vielen dieser Zeitzeugen. Da ist es auch nicht wichtig, ob ein Bild richtig scharf ist, die Grauwerte passen, ect., die Aufnahmen sprechen für sich! Da brauch man keine Erklärung. Die sind so gemacht – Punkt!
Ich bin nicht so vermessen, meine, bei verschiedenen Konzerten gemachten Bilder, mit denen der Leica Galerie vergleichen zu wollen! Nein, sicher nicht. Es geht mir auch nur darum, technisch eher unsaubere Bilder, zu zeigen. Die Aufnahmen haben auch einen dokumentarischen Wert. Die meisten der abgebildeten Musiker sind längst verstorben.
Es gibt für mich in der jüngeren Geschichte zwei Fotografen, die sich auch sehr wenig – oder gar nicht – um diese technische Sachen kümmern. Einer davon ist Paul Ripke. Als Deutschland 2014 Fussballweltmeister wurde, war eben dieser als einziger sozusagen hautnah bei der Mannschaft. Natürlich auch mit einer Leica! Das Buch, das danach erschien (One Night in Rio) ist vollgepackt mit Emotionen. Da interessiert es wirklich niemanden, wie die technische Seite rüberkommt! Zumal ein Buch, das im DIN A 4 Format veröffentlicht wird, keine so große Ansprüche an die Technik stellt. Da der gebürtige Heidelberger u.a. auch von der Werbung lebt, sehen diese Bilder technisch ganz anders aus. Das Projekt RIO ist dann auch wohl der außergewöhnlichen Situation geschuldet.
Ja, und der zweite Fotograf… R.I.P. Peter Lindbergh!!! Schon immer haben mich die Bilder von ihm begeistert! Der Mann hat einfach Fotogeschichte geschrieben. Wie kein Zweiter prägte er in den 1980er Jahren die Modefotografie. Ich hatte das Vergnügen, seine erste, selbst kuratierte Ausstellung im Kunstpalast Düsseldorf zu besuchen. Wie allgemein bekannt ist, erlebte er die Ausstellungseröffnung nicht mehr. Die Bilder, teilweise 3 Meter hoch als Tapete an der Wand, sind beeindruckend. Doch die selbst im Buch schon zweifelhafte technische Qualität der Aufnahmen, die in der Größe grenzwertig sind und nur aus mindestens fünf Metern anzuschauen. Doch dieser Mangel – wenn es denn einer ist – interessiert die Besucher nicht im geringsten. Der Bildinhalt ist über jeden Zweifel erhaben. Zumindest bei 90 Prozent der gezeigten Bilder!
Parallel zu der Peter Lindbergh Ausstellung läuft keine 300 Meter vom Kunstpalast weg, eine weitere Fotoausstellung von Martin Schoeller im NRW- Forum. Was für ein Unterschied. Da stellst Du dich mit Brille, keine 20 Zentimeter vom Bild weg, und siehst jede, aber auch wirklich jede Kleinigkeit im Bild. Portraits, z. B. von Drag- Queens, geschätzte 2 Meter hoch, in unfassbarer Brillanz und Schärfe! Für mich sensationell. In dieser Ausstellung ist die Serie „Close Up“ zu sehen. Portraits in Nahaufnahme. Viele Prominente aus Politik, Musik, Kunst und Sport.
Sollten sich bildbegeisterte Menschen nach Düsseldorf „verirren“, unbedingt diese beiden Ausstellungen besuchen!
Halleluja, jetzt habe ich mich in meiner Begeisterung gründlich verzettelt. Aber ich brauchte ja einen Aufhänger, um meine technisch unsauberen Bilder aus den 1980er Jahren hier zu zeigen. Keine Scanns. Abfotografierte SW-Negative, mit all ihren Fehlern des groben Korns. Für mich aber sind sie es wert, gezeigt zu werden!
Viel Spass beim Anschauen!