News

Schafschur

Bevor Corona weitestgehend unser Freizeit diktierte, rief mich mein Cousin aus dem Fränkischen an. Mit dem Hinweis: Wir machen eine Schafschur bei unseren Merinoschafen!

Jeder kennt das. Man freut sich auf eine Sache/Ereignis und muss dann nach einem Blick auf den Kalender feststellen: Mist, das geht an diesem Tag nicht! Nun, den Kalender hätte ich in diesem Fall eh nicht gebraucht. Einen gebuchten Urlaub hat man in der Regel terminlich im Kopf. Das war im Februar 2019! Da war Costa Rica gebucht! Ende Januar 2020 kamen die ersten Meldungen von Corona. Das Ausmaß der Pandemie ist jedem bekannt.

Mitte März 2023 bekam ich wieder einen Anruf. Christian, der Sohn meines Cousins, hatte mittlerweile die Schafherde übernommen. Der Termin mit seinen Schafscherern stand! Dabei muss man wissen, dass solche Termine sehr kurzfristig eingeplant werden. Für mich als Rentner kein Problem darauf zu reagieren. Es sei denn, es steht was anderes fest.

Auf jeden Fall hat es dieses Jahr geklappt! Ich musste feststellen, dass so eine Schafschur ein richtiger Knochenjob ist!

Folgende Szenerie: Die zwei Schafscherer arbeiten nebeneinander. Vor ihnen steht eine ca. zwanzig Zentimeter hohe Schafbank. Christian ist der Aufträger und „serviert“ den Scherern die Schafe. Das heißt, es ist hier eine gewisse Technik gefragt! Das Tier wird quasi über das Knie auf die Schafbank „gerollt“. Wieviel wiegt so ein Schaf? Männliche erwachsene Tiere können, je nach Rasse, bis zu 160 Kilo erreichen. Weibliche bis 100 Kilo. Die schwersten Tiere, die hier geschert wurden, kamen auf ca. 120 Kilogramm!

Jetzt kann man sich vorstellen, dass diese Arbeit, auf Jahre gesehen, auch nicht gesund sein kann. Vor Allem geht das Schlag auf Schlag! Für ein Schaf schätze ich mal zwischen zwei und drei Minuten, da bleibt nicht viel Zeit zum Ausruhen. Was ich beim Zuschauen bemerkenswert fand, war die Tatsache, dass die Tiere, waren sie mal auf dem Hintern platziert, wie paralysiert erschienen. Man könnte meinen, als wären sie in ihren Bewegungen blockiert. Das ist das Ergebnis langer Erfahrung, wie man sich ein Schaf zurechtlegt. Auch muss die Haut immer straff sein, wo gerade geschoren wird. Ansonsten könnten böse Verletzungen entstehen.

Die so geschorenen Tiere sehen danach etwas erbärmlich aus! Nahezu weiß gegenüber dem hellbraunen Wollkleid. Immerhin sind die Schafe drei bis vier Kilo leichter geworden.

Was machen mit der gewonnenen Schurwolle? Da gibt es im Moment ein Problem! Bevor diese weiterverarbeitet wird, muss das Lanolin entzogen werden. Lanolin ist ein Wollwachs, das z.B. in der Kosmetik- und Textilindustrie Verwendung findet. In Babypflegecremes (Penaten) ist auch Lanolin enthalten. Scheinbar gibt es in Deutschland keine Wäscherei für dieses Naturprodukt. Die ganze „Ernte“ ins Ausland (Belgien) zu karren, macht finanziell keinen Sinn! Heutzutage bekommt man für ein Kilo Schafwolle zwischen 50 und 75 Cent! (Wikipedia Info) So sitzt Christian seit drei Jahren auf seiner Wolle!
Vielleicht gibt es mal eine akzeptable Idee…

Ich habe vor Ort das erste mal in so eine Wolle gefasst. Unfassbar, wie cremig, ölig sich die Wolle anfühlt. Jetzt wundert mich das nicht, dass selbst bei heftigem Regen die Schafe stoisch und gelassen auf der Weide stehen! Da dringt kein Wasser durch.

Hier noch ein paar Infos über Schafe, die ich im Internet gefunden habe:

  • Schafe gibt es schon seit etwa 10.000 Jahren. Heute leben auf der ganzen Welt etwa eine Milliarde Hausschafe aus 600 verschiedenen Rassen.
  • In Österreich ist die häufigste Rasse das wetterfeste Tiroler Bergschaf, und in Deutschland ist es das feinwollige Merinoschaf. In Südtirol war die älteste Schafrasse, das Villnösser Brillenschaf, vom Aussterben bedroht.
  • Dank der ansässigen Bauern und nachhaltig operierende Modeunternehmen konnte die Rasse mit der ausgezeichneten Fleischqualität und der kostbaren Wolle gerettet werden.
  • Die kalte Jahreszeit verbringen die meisten Schafe im Stall und werden mit Heu gefüttert. Aber im Frühling heißt es: Raus auf die Weide oder rauf auf die Alm! Dort leben die geselligen Tiere bis zum Herbst. Sie suchen sich ihr Fressen selbst und sind dabei vierbeinige Rasenmäher. Frisches Grün ist ihre Hauptnahrung.
  • Und weil so ein Futter schwer zu verdauen ist, haben sie nicht nur einen, sondern gleich vier Mägen. Schafe sind nämlich – wie Kühe – Wiederkäuer. Das heißt, sie würgen das Grünzeug immer wieder hoch, um es im Maul nochmals zu zerkleinern und zu kauen. Erst wenn der Nahrungsbrei im letzten der vier Mägen ankommt, gibt es für ihn nur noch den Hinterausgang. Und ihr Kot ist dann ein guter Pflanzendünger.
  • Weltweit werden die meisten Schafe wegen ihrer Milch gehalten. Schafmilch ist gut verdaulich und vitaminreich, außerdem hat sie mehr Fett, Eiweiß und Milchzucker als jene der Kuh. Und sie ist natürlich ideal für alle, die Kuhmilch nicht gut vertragen. In Österreich macht man vor allem Schafkäse daraus. Für zwei Kilogramm Schnittkäse braucht man rund zehn Liter Milch. Kein Problem für eine Schafmama. Die gibt nach der Geburt bis zu vier Liter am Tag, davon braucht das kleine Lamm nur einen Teil.

Für Leute die es interessiert: Die Aufnahmen wurden mit der Fuji X-H1 und dem 1,4-16mm gemacht (mit zwei Ausnahmen). Die Bearbeitung erfolgte in Lightroom und Tonality Pro.

Viel Spass beim Anschauen der Bilder!